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Vom Nutzen des Goldes im Portfolio

Marktanalyse 16.11.2023

Prof. Dr. Jan Viebig Global Co-CIO ODDO BHF

 

Es gibt wohl keine Vermögensklasse, über die Anleger so leidenschaftlich streiten können wie über Gold. Vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und der Furcht vor einer Entwertung von Papiergeld ist das Edelmetall ein gern gesuchtes Refugium. Gold hat allerdings einen großen Nachteil für die Geldanlage: Es bringt keine Dividenden wie Aktien und keine Zinsen wie eine Anleihe. Es sind also andere Gründe, die dazu führen, Gold in einem Portfolio zu halten: Zum einen die Hoffnung auf einen künftigen Anstieg des Goldpreises, zum anderen die diversifizierende Wirkung. Gold sollte vor allem dann profitieren, wenn die Anleger größere geopolitische Gefahren oder Risiken für das Finanz- und Währungssystem sehen. Empirisch lässt sich belegen, dass die Preisentwicklung von Gold nur in geringem Ausmaß mit der Preisentwicklung von Aktien korrespondiert. Entsprechend kann Gold dazu beitragen, das Risiko eines Aktienportfolios zu verringern. Deshalb macht es Sinn, einen gewissen Teil des Vermögens als Schutz gegen die Unwägbarkeiten der Welt als Gold zu halten.

In einer langfristig angelegten Vermögensstrategie hat Gold nach unserer Überzeugung einen festen Platz. Kurzfristig allerdings schätzen wir das Potenzial des gelben Edelmetalls verhalten ein. Mit einem Preis von rund 1.950 US-Dollar je Feinunze ist Gold derzeit recht teuer. Vier Mal schon lag der Preis in den vergangenen Jahren über der Marke von 2000 Dollar: Im August 2020, im März 2022, und im Mai 2023 und zuletzt Ende Oktober, nach dem Ausbruch des Konflikts im Nahen Osten. Trotz unverändert beunruhigender Nachrichten fielen die Goldnotierungen nach einem kurzen Vorstoß Ende Oktober bis auf 2006 US-Dollar pro Unze wieder zurück.

 

Gold ist zurzeit nicht nur in absoluten, „nominalen“ Zahlen teuer. Bei der Anlage ist auch zu beachten, ob Gold in realer Hinsicht, also nach Abzug der Inflation, günstig oder teuer ist. Die beiden Ökonomen Claude Erb und Campbell Harvey fanden in ihren Untersuchungen auf Basis historischer Daten heraus, dass der Erfolg einer Anlage in Gold gerade auch vom realen Goldpreis abhängt. In Abbildung 1 zeigen wir die langfristige Entwicklung des Goldpreises in Dollar im Verhältnis zur Entwicklung der amerikanischen Verbraucherpreise. Wir benutzen den CPI-Index, um den Goldpreis zu „deflationieren“.

Die Grafik zeigt, dass Gold auch in der inflationsbereinigten Betrachtung sehr hoch bewertet ist: Der reale Goldpreis bewegt sich nur leicht unter der Marke von zwei Standardabweichungen über seinem langjährigen Mittel (siehe Abb. 1). In mehr als 50 Jahren war der reale Goldpreis in weniger als 10 Prozent der Monate höher als zuletzt.

Wer Gold hält, zahlt dafür einen Preis, den Ökonomen als Opportunitätskosten bezeichnen: Der in Gold angelegte Teil des Vermögens steht nicht für Geldanlagen zur Verfügung, die Dividenden oder Zinsen bringen. Goldkäufer verzichten also auf Zinserträge. Je größer dieser Verzicht ist, desto schmerzhafter ist dies für den Anleger. Solange sich die Kapitalmarktzinsen nahe an der Nulllinie bewegt haben, war der Zinsnachteil vernachlässigbar. Aktuell jedoch erzielen Anleger selbst mit einer vergleichsweise renditeschwachen zehnjährigen Bundesanleihe eine Rendite von 2,7 Prozent. Für eine zehnjährige Staatsanleihe der USA gibt es aktuell sogar rund 4,5 Prozent. Und Unternehmensanleihen guter Qualität bieten noch deutlich höhere Renditen als die entsprechenden Staatsanleihen. Vermutlich ist das veränderte Zinsumfeld ein wichtiger Grund dafür, dass sich Anleger über die letzten beiden Jahre vermehrt aus Goldanlagen zurückgezogen haben. Die Goldbestände von ETFs beispielsweise sind gegenüber dem Spitzenwert von 2020 um rund 23 Millionen Feinunzen zurückgegangen, das sind mehr als 20 Prozent (siehe Abb. 2).

Wir gehen davon aus, dass das Niedrig-, Null- und Negativzinsumfeld der Vergangenheit angehört. Der Zinsnachteil dürfte ein Handikap für Gold bleiben. Wir wollen auf das Edelmetall aber nicht vollständig verzichten. Dazu sind die geopolitischen Risiken in der Welt aktuell zu wenig überschaubar. An vielen Stellen sind Konflikte im Gange, die sich leicht zu größeren Krisen entwickeln können. Auch gefällt uns nicht, dass die Staatsverschuldung in den meisten Länder derzeit zu hoch ist. In den USA liegt die Staatsverschuldung bei gut 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und in Italien sogar bei 143 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und mit den höheren Renditen nehmen die Zinslasten im öffentlichen und auch im privaten Sektor zu. Gold behält also seine anlagepolitische Berechtigung.

 

 

 

 

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