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Notenbanken stellen Zinssenkungen in Aussicht
Prof. Dr. Jan Viebig CIO ODDO BHF SE
Erst hat die amerikanische Notenbank Fed am Mittwochabend die Perspektive auf Zinssenkungen geöffnet. Am Donnerstag ist die EZB gefolgt. Die Jahre 2022 und 2023 waren noch von Erhöhungen der Leitzinsen geprägt. Das Jahr 2024 könnte somit ein Jahr erster Zinssenkungen werden.
Beide Notenbanken haben die Leitzinssätze unverändert gelassen und pflichtgemäß ihre Bereitschaft zu weiteren Zinserhöhungen – bei Bedarf –bestätigt. Die Wende zeichnet sich jedoch ab. US-Notenbankchef Jerome Powell bestätigte beispielsweise, dass der Höhepunkt des Zinszyklus wahrscheinlich erreicht sei, und räumte ein, dass der Offenmarktausschuss über mögliche Zinssenkungen diskutiert habe. Das deutlichste Signal liefert der sogenannte „Dot Plot“, eine Grafik der Fed, die die Einschätzungen der Mitglieder des Offenmarktausschusses zur künftigen Leitzinsentwicklung abbildet. Der zeigt nämlich, dass die Sitzungsteilnehmer bis Ende des Jahres 2024 eine Senkung der Federal Funds Rate von 0,75 Prozentpunkten erwarten – einige mehr, andere weniger.
Der wichtigste Faktor hinter dieser Veränderung dürften die deutlichen Fortschritte bei der Eindämmung der Inflation sein. Die Projektionen der US-Notenbank waren noch im September davon ausgegangen, dass die Inflationsrate – gemessen am sogenannten „Deflator“ für die persönlichen Konsumausgaben – am Jahresende 2023 bei 3,3 Prozent stehen würde. In seiner Pressekonferenz gab Powell nun als Schätzung der Fed für die Inflationsrate im November (die offiziellen Zahlen liegen noch nicht vor) 2,6 Prozent an. Den November-Wert für die Kernrate, die man vor nur drei Monaten mit 3,7 Prozent am Jahresende 2023 veranschlagt hatte, schätzt die Bank nun für November auf 3,1 Prozent. Die Realität hat die Schätzungen offenbar sehr schnell überholt.
Die Märkte haben vor allem die Einlassungen der Fed mit deutlichen Kursaufschlägen fast euphorisch begrüßt. US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit wurden am Mittwoch (13. Dezember) zur Eröffnung des Handels mit einer Rendite von 4,2 Prozent notiert. Am Donnerstag lag die Rendite bei 3,92 Prozent. Und die ohnehin schon aggressiven Zinssenkungserwartungen wurden noch einmal aufgestockt. Der Terminkontrakt auf die Federal Funds Rate zeigte für Dezember 2024 eine Absenkung des Leitzinssatzes um 1,5 Prozentpunkte (in den Bereich von 3,75 bis 4,00 Prozent). Das sind nochmals zwei Zinsschritte mehr als vor der Sitzung des Offenmarktausschusses. Die Reaktion der Aktienmärkte war daran gemessen fast zurückhaltend: Der S&P 500 hat nach dem Ende der Notenbanksitzung um gut 1,5 Prozent zugelegt.
Vor allem die Aussagen der Fed wurden an den Finanzmärkten positiv aufgenommen. Trotz der zurückhaltenden Einschätzung der EZB scheinen die Notenbanker auf beiden Seiten des Atlantiks dabei zu sein, die schwierigste Übung der Geldpolitik zu meistern: Es könnte ihnen eine „sanfte Landung“ der Konjunktur gelingen, das heißt, dass sie die Inflation in den Griff bekommen, ohne die Wirtschaft in eine tiefe und langwierige Rezession zu stürzen. Dafür sprechen auch die robusten Arbeitsmarktdaten. In den USA war für November 2023 ein Aufbau von 190.000 Stellen erwartet worden. Tatsächlich waren es 199.000.
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