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Deutschland ist wieder der kranke Mann Europas
Blick auf die Finanzmärkte
28.07.2023
Prof. Dr. Jan Viebig CIO ODDO BHF SE
Die Wirtschaft in Deutschland könnte in diesem Jahr im besten Fall stagnieren und im schlechtesten Fall in eine echte Rezession abrutschen. Die in dieser Woche veröffentlichten Einkaufsmanager-Indizes (PMI) deuten darauf hin, dass sich der Abschwung der produzierenden Industrie hierzulande weiter fortsetzt und sich auch der Dienstleistungssektor abkühlen wird. Die aktuell von S&P Global veröffentlichten PMI-Indizes sind ein Warnzeichen: Der HCOB Flash Germany Composite Output Index fiel auf 48,3. Ein Wert unter 50 bedeutet, dass die Wirtschaft in Deutschland schrumpft. Auch der ifo Geschäftsklimaindex sank zum dritten Mal in Folge im Juli auf 87,3 Punkte. Insgesamt kommt das ifo Institut in seiner Pressemitteilung zum Geschäftsklima im Juli zu der Einschätzung, dass sich die Lage der deutschen Wirtschaft „verdüstert“.
Zu den Gründen für die sich eintrübende Wirtschaft zählen die steigenden Zinsen und die durch die Inflation ausgelösten Kaufkraftverluste der Konsumenten. Die EZB hat – genau wie die Federal Reserve in den USA – die Leitzinsen in der Eurozone in dieser Woche erneut angehoben, um steigenden Inflationserwartungen und einer Lohn-Preis-Spirale entgegenzuwirken. Die Kerninflation liegt in der Eurozone mit über 5 Prozent weiter deutlich über dem EZB-Inflationsziel von 2 Prozent. Die Folge des Zinsanstiegs ist aber, dass sich gerade der Ausblick für zinssensitive Sektoren merklich eintrübt. Das ifo Institut berichtet, dass der Geschäftsklimaindex für das Bauhauptgewerbe auf den niedrigsten Stand seit Februar 2010 gefallen ist – und damit tiefer als während der Covid-Pandemie.
Die kränkelnde Verfassung der deutschen Wirtschaft spiegelt sich auch in den neuen Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Für Deutschland wurde die Prognose nochmals gesenkt. Der IWF erwartet nun im Jahresdurchschnitt einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um -0,3 Prozent (von zuvor -0,1 Prozent). Die deutsche Wirtschaft hat bereits im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 Rückgänge des realen Bruttoinlandsprodukts um -0,4 bzw. -0,1 Prozent verzeichnet.
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