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Der XXL-Biden-Effekt
MONTHLY INVESTMENT BRIEF
MÄRZ 2021
Laurent Denize,
GLOBAL CIO
„Angesichts der für 2021 nach oben korrigierten Gewinnprognosen (um 5% auf 32%) haben wir unsere Renditeziele für die globalen Aktienmärkte entsprechend angehoben.“
Ein 1,9-Billionen-Dollar-Konjunkturpaket
Vor kurzem haben wir an dieser Stelle die potenziellen Auswirkungen eines neuen reflationären Umfelds auf die Bewertungen von Risikoassets erörtert und raten kurzfristig weiterhin zur Vorsicht. Trotz der jüngsten, durch den Zinsanstieg ausgelösten Turbulenzen an den Aktienmärkten rechnen wir für 2021 aber mit weiter steigenden Indizes. Grund dafür ist das Gewinnwachstum der Unternehmen, das deutlich stärker ausgefallen ist als erwartet. Angesichts der für 2021 nach oben korrigierten Gewinnprognosen (um 5% auf 32%) haben wir unsere Renditeziele für die globalen Aktienmärkte entsprechend angehoben. Unser Optimismus erklärt sich durch den Umfang von Bidens Konjunkturpaket, das vom Repräsentantenhaus und vom Senat bereits gebilligt wurde. Wir hatten bestenfalls 1,4 Billionen Dollar erwartet, nun ist das endgültige Paket 500 Milliarden Dollar größer ausgefallen. Addiert man das Volumen sämtlicher Konjunkturpakete, beläuft sich der Gesamtwert mittlerweile auf fast 25% des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts. Was das neue Konjunkturpaket so außergewöhnlich macht, ist nicht nur seine schiere Größe, sondern auch, dass es sich dabei größtenteils um direkte Zahlungen an die privaten Haushalte sowie um von der Fed „garantierte“ Kredite an kleine und mittlere Unternehmen handelt. Wir dürften daher einen in seinem Ausmaß noch nie dagewesenen Anstieg der Konsumausgaben erleben, sofern sich parallel zu diesen Maßnahmen – beflügelt durch das Covid-19-Impfprogramm – auch das Verbrauchervertrauen erholt. Abgesehen von der stimulierenden Wirkung von Bidens Konjunkturpaket dürften auch die hohen „Zwangsersparnisse“ der privaten Haushalte (die sich auf etwa 10% des Bruttoinlandsprodukts belaufen) im Jahr 2021 ebenfalls zu einem starken Anstieg des Wachstums über Potenzial beitragen.
Aufwärtsrevision des Gewinnwachstums
Die Beträge, um die es geht, sind gigantisch und rechtfertigen die Revision der Gewinne je Aktie; insbesondere im vierten Quartal dürften diese noch besser ausgefallen sein als erwartet. Gleichwohl entsprechen die Gewinnsteigerungen einer jährlichen Wachstumsrate von lediglich 10% von 2019 bis 2022e. Trotz der Covid-19-Pandemie, die in diesen Zeitraum fiel, haben sich die Unternehmen insgesamt als bemerkenswert anpassungs- und widerstandsfähig erwiesen. So ist bei den im MSCI World vertretenen Unternehmen zwar die durchschnittliche EBITDA-Marge gegenüber dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre gesunken (von 17,5% auf 15,7%) , dürfte aber im Jahr 2021 wieder steigen.
Weiterhin angemessene Aktienbewertungen
Das KGV des S&P 500 belief sich im Dezember 2019 auf 18,5, während die zehnjährigen Renditen nominal bei etwa 2% und real bei 1,5% lagen. Wir rechnen damit, dass sich die Rendite zehnjähriger US-Treasuries im Jahr 2022 bei etwa 1,80% einpendeln wird und erinnern daran, dass die Realrendite zehnjähriger US-Anleihen immer noch klar im negativen Bereich liegt – auch wenn sie zuletzt von -1,10% auf -0,70% gestiegen ist. Berücksichtigt man diesen Anstieg der Gewinne je Aktie in den künftigen Bewertungen, bedeutet dies einen Rückgang des KGV von 22 auf 19,5, was angesichts der Tatsache, dass die Notenbanken die Zinssätze künstlich niedrig halten, immer noch angemessen ist. Wie bereits an anderer Stelle mehrfach erwähnt, sollten Anleger auf die starken Performance-Unterschiede zwischen verschiedenen Sektoren, Anlagestilen und geografischen Regionen achten. Alles in allem sind wir jedenfalls in Bezug auf das Gesamtjahr ausgesprochen optimistisch. Damit es zu einer Trendumkehr kommt, bedarf es eines sehr viel stärkeren Anstiegs der Zinssätze oder einer Fehlkommunikation seitens der US-Notenbank, was wir für unwahrscheinlich halten.
In Bezug auf Risikoassets bleiben wir zunächst vorsichtig
Unsere Strategie besteht darin, kurzfristig angesichts der aktuellen Niveaus vorerst auf einen Ausbau unserer Positionen zu verzichten. Vielmehr wollen wir erst eine wahrscheinliche Konsolidierung abwarten, um dann unser Engagement an den globalen Aktienmärkten zu erhöhen. Die USA haben mit ihrer Reaktions- und Anpassungsfähigkeit erneut positiv überrascht, während die Eurozone bei der Impfstoffbeschaffung und -verteilung in logistischen Problemen festgefahren ist, die die Konjunkturerholung bremsen können. Das Wachstumsgefälle zwischen beiden Regionen ist ein neuer Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Sollte sich dieses in den kommenden Monaten deutlich ausweiten, werden wir die Gewichtung von US-Aktien erhöhen und die von europäischen Titeln reduzieren. Dabei werden wir jedoch jenseits des Atlantiks weniger stark auf zyklische Titel setzen als in unseren europäischen Portfolios.