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Alles wieder auf Anfang?

Marktanalyse 11.12.2020

MONTHLY INVESTMENT BRIEF

DEZEMBER 2020

 

Laurent Denize

Laurent Denize,
GLOBAL CO-CIO &
GLOBAL HEAD OF FIXED INCOME

Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass die Impfstoffe eine allmähliche Öffnung der aktuell eingefrorenen Wirtschaftssektoren ermöglichen werden

Die Nachricht von Pfizer / BioNTech und dann Moderna bezüglich der Effektivität ihrer Impfstoffe von 95% hat die Perspektive der Investoren klar verändert, da ein Ende der Pandemie oder zumindest ihrer Konsequenzen in Sicht scheint. Die Nachricht von Oxford / AstraZeneca ist ebenfalls Grund für Optimismus, auch wenn die klinischen Ergebnisse weniger eindeutig sind. Zusätzlich befinden sich andere Impfstoffe in der letzten Testphase. Letztendlich könnten innerhalb der nächsten 6 Monate weltweil ca. 1,5 Mrd Menschen geimpft werden. Ohne die vielen Probleme bei Transport und Lagerung des Impfstoffs, der öffentlichen Akzeptanz von mRNA-Technoogie, Massenproduktion und Distribution zu verharmlosen, gibt es Licht am Ende des Tunnels.

Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass die Impfstoffe eine allmähliche Öffnung der aktuell eingefrorenen Wirtschaftssektoren ermöglichen werden. Dies wird zu Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt führen, zu erneuter Zuversicht bei Verbrauchern und Unternehmen, und zu einer beschleunigten akkumulierten Nachfrage, die sich aus Ausgaben von unfreiwilligen Ersparnissen speist. Mit geringerer Angst vor Ansteckung werden Verbraucher erneut Geschäfte, Restaurants, Hotels etc. aufsuchen und mehr Geld ausgeben können. Dieser Nachholeffekt dürfte positive Wirkungen auf das Gewinnwachstum haben. Dies führt zu steigenden Aktienkursen, vor allem durch ein Aufholen bei zyklischen und diskontierten Aktien, sowie zu höheren Renditen und Rohstoffpreisen.

Doch wie immer steckt der Teufel im Detail. So bleiben selbst bei rascher Durchimpfung kurzfristige Gefahren für die Wirtschaft erhalten. Die Erkenntnis, dass die Pandemie bald endet, kann vorübergehend auch zur Folge haben, dass Haushalte vorsichtig bleiben und sehr konservativ agieren. Nur wenige Verbraucher werden sich kurz vor der Verfügbarkeit eines Impfstoffs noch der Ansteckungsgefahr aussetzen wollen. Ebenso mildert die Aussicht auf ein Ende der Einschränkungen die Dringlichkeit, mit der Steuerbehörden sonst die Bevölkerung und kleine Unternehmen zusätzlich entlasten müssten. Diese Dynamik könnte im ersten Quartal 2021 zu heftigen Einschnitten bei den Ausgaben führen, was den Aktienmärkten schaden würde.

Was also tun?

Erneut werden Zentralbanken und die expansive Fiskalpolitik die Märkte retten. Wir zweifeln nicht an der Unterstützung durch die Zentralbanken, vor allem in den USA, auch wenn die Fed sich gegenüber der neuen Regierung noch abwartend verhält. Auf der anderen Seite wird jede weitere Verzögerung bei der Ratifizierung der Hilfsprogramme auf beiden Seiten des Atlantiks das Wachstum schmälern und Erwartungen an steigende Gewinne der Unternehmen dämpfen. Hoffen wir, dass unsere Regierungen diese Pläne wichtiger den je nehmen, da das Ausklingen z.B. des Cares Act in den USA seit Ende Juli rund 1,5 Punkte des BIP gekostet hat. Insgesamt bleiben wir also optimistisch für Risikoassets über die nächsten sechs Monate. Aufholeffekte und Flows beginnen gerade erst.

Anfang Januar möchten wir unsere neue Investmentstrategie vorstellen, deren zentrales Thema den Blick bereits etwas weiter richtet, auf das Ende der Krise und den Umgang mit der exorbitanten Verschuldung. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen kann über Steuererhöhungen und/oder schnelleres Wachstum des nominalen BIP erreicht werden. Steuererhöhungen sind nicht nur unbeliebt, sondern wirken in diesem Umfeld auch deflationär. und könnten durch einen Anstieg realer Zinsen die Situation verschlechtern. Das Potential für fallende Nominalzinsen ist auch sehr begrenzt, da die Zentralbanken alles tun werden, um wieder ein Inflationsniveau zu erreichen, das die Schuldenlast senken kann. Leider erreicht das Wachstum nicht das volle Potential, und die Arbeitslosigkeit kann nur schwer gesenkt werden. Bestenfalls ist von einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung (im wahrsten Sinne) auszugehen.

Frohes Fest und bleiben Sie gesund

 

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