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Wird der US-Dollar 2023 abwerten?

Marktanalyse 16.12.2022

BLICK AUF DIE FINANZMÄRKTE

15.12.2022

 

 

Prof. Dr. Jan Viebig Global Co-CIO ODDO BHF

 

 

"Wir erwarten, dass der Angebotsschock im Jahr 2023 irgendwann enden wird. Bewahrheitet sich diese These, dann dürften die Fluchtwährungen aus dem Jahre 2022 – USD und CHF – wieder korrigieren und der EUR wieder aufwerten."

 

 

Mit einem täglichen Handelsvolumen von 6,6 Bio. US-Dollar pro Tag ist der Devisenmarkt der größte Finanzmarkt der Welt. 24 Stunden am Tag wird rund um den Globus eine Währung gegen die andere getauscht. Die Motive für den Währungstausch sind genauso vielfältig wie die Marktakteure. Währungsveränderungen sind deshalb schwer zu prognostizieren. Aber es gibt einige Indikatoren, die dabei helfen, die langfristige Richtung der Entwicklung eines Währungspaares zu identifizieren.

 

Kaufkraftparität

Einer dieser Indikatoren ist die Kaufkraftparität, nach der Waren und Dienstleistungen wechselkursbereinigt zum gleichen Preis handeln sollen. Beispielsweise kostete ein Big Mac-Burger bei McDonald‘s im Juli 2022 in der Eurozone 4,65 Euro und in den USA 5,15 US$. Gemäß Kaufkraftparität läge der „faire“ Wechselkurs für EUR/USD bei 5,15 USD/4,65 EUR=1,11. Vergleicht man dies mit dem tatsächlichen Wechselkurs, hätte der Euro im Juli 2022 rund 7,5% zum US-Dollar aufwerten sollen. Verwendet man anstatt des Big Macs breitere Warenkörbe, dann sollte der Euro derzeit ungefähr 34% zum US-Dollar aufwerten und der US-Dollar zum Yen rund 29% abwerten, sodass der Grundsatz des einheitlichen Preises (Kaufkraftparität) gewahrt bleibt (siehe Abbildung 1 und 2).

Die Kaufkraftparität berücksichtigt Transportkosten, politische und spekulative Einflüsse am Devisenmarkt nicht angemessen. Aber insbesondere Abbildung 1 zeigt schön, dass Währungskurse langfristig um die Währungsparität schwanken. Der US-Dollar sollte daher – zumindest langfristig – abwerten.

 

Renditedifferenz

Ein zweiter wichtiger Indikator ist die Zins- oder Renditedifferenz zweier Währungsräume. Prinzipiell gilt am Devisenmarkt folgende Daumenregel: Erhöht zum Beispiel die US-Notenbank ihren Leitzins, dann steigt die Anleiherendite für auf US-Dollar lautenden Papiere und somit die Renditedifferenz zwischen USD- und EUR-Anleihen. Folglich wird für Investoren ein USD-Investment attraktiver, es fließt Kapital in den Dollar-Raum, die Nachfrage nach Dollar steigt und die Währung wertet auf. Dieser Sachverhalt ist für EUR/USD in Abbildung 3 und für USD/JPY in Abbildung 4 dargestellt. Die höheren Renditen in den USA waren der zentrale Grund in diesem Jahr dafür, dass sich der EUR zum USD abwertete. Für den USD/JPY gilt analog: Steigt die USD-JPY-Renditedifferenz, dann wertet der Yen tendenziell ab. Bei der Betrachtung der Abbildungen 3 und 4 ist zu beachten, dass USD/JPY in Preisnotierung, EUR/USD hingegen aber umgekehrt in Mengennotierung angegeben wird. Wir erwarten, dass die Leitzinsen in den USA vermutlich im Juni 2023 ihren Höhepunkt erreichen und in Europa noch länger steigen werden. Die Renditedifferenzen werden mithin abnehmen. Das spricht für Investments im Euroraum.

 

Schulden undPolitik

Schaut man auf die stark gestiegene Staatsverschuldung, dann müssen wir uns um alle drei Währungen sorgen: Ins Auge fällt der astronomische Anstieg der japanischen Staatsverschuldung von 63% des BIP 1990 auf 264% 2022. Der Ursprung für diese Entwicklung liegt in der 1990 geplatzten Immobilienblase. Als Reaktion sparten die japanischen Haushalte und Unternehmen und bauten Schulden ab. Bargeld wurde in großen Mengen gehortet statt ausgegeben. Der Konsum blieb gedämpft und die Wirtschaft erlebte Jahre der Stagnation und Deflation. Um aus dieser misslichen Lage auszubrechen, legte die japanische Regierung zahllose Fiskalpakete auf. Die Staatsverschuldung in Japan stieg infolge. Risiken für Japans Währung könnten aus weiter steigenden Haushaltsdefiziten, einem Sinken des hohen privaten Sparvolumens und einer Abnahme der Leistungsbilanzüberschüsse resultieren.

In den USA hat sich die Verschuldungsquote seit 1990 auf nun 122% relativ zum BIP verdoppelt. Angesichts chronisch hoher Leistungsbilanzdefizite, rückläufiger ausländischer Nachfrage nach US-Staatsanleihen und einer Notenbank, die ihre Anleihebestände reduziert, sind die Risiken in den USA nicht kleiner geworden. In der Eurozone liegt die Staatsverschuldung nun bei 93%. Es droht eine zweite Euro-Krise, wenn Italien seine enorm hohe Verschuldung nicht in den Griff bekommt. Mögliche Politikfehler machen alle drei Währungen anfällig für hohe Schwankungen. Übergroßes Vertrauen haben wir angesichts der Schuldenorgien der Vergangenheit in keine der drei Währungen. Es bleibt die Wahl zwischen Pest und Cholera. 

Eine Diversifikation über die wichtigsten Währungsräume kann helfen, kurzfristige Schwankungen abzufedern. Langfristig hält man Kapital am besten in Sachgütern wie Aktien und streut sein Vermögen über unterschiedliche Währungsräume. Die positive Nachricht für EUR-Investoren: Im Jahr 2022 haben der USD und der CHF infolge des Angebotsschocks von der Flucht in vermeintlich stabile Währungen profitiert. Wir erwarten, dass der Angebotsschock im Jahr 2023 irgendwann enden wird. Bewahrheitet sich diese These, dann dürften die Fluchtwährungen aus dem Jahre 2022 – USD und CHF – wieder korrigieren und der EUR wieder aufwerten. Die Hoffnung im Euroraum stirbt zuletzt.



 

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