Neueste News

Philippe Oddo in Euro am Sonntag: Aktien haben einen klaren Vorteil

Aktuelles 25.01.2021

Er gilt als Entrepreneur, als einer, der sein Unternehmen aus eigener Kraft aufgebaut hat: Philippe Oddo, Jahrgang 1959, wurde in eine Bankiersfamilie geboren. Die Ursprünge von Oddo & Cie liegen im Marseille des 19. Jahrhunderts, später siedelte die Bank nach Paris um und residiert heute im Herzen der Stadt an der Place de la Madeleine. Trotz aller Tradition war es Philippe Oddo, der aus einer recht überschaubaren französischen Bank mit viel Geschick, Zähigkeit, Geduld, Glück und einer klaren Vision eine deutsch-französische und jüngst auch schweizerische Privatbank von internationalem Format aufgebaut hat, inzwischen eine der größten Europas. In Frankreich sieht man in Oddo daher weniger den alteingesessenen Bankier als den Macher. Der Patron hält bei ODDO BHF alle Fäden in der Hand. Und er bestimmt, wo es langgeht: Betrachtet man den Werdegang der Bank, fallen die vielen Übernahmen auf, mit denen Oddo das Institut zunächst in Frankreich immer weiter ausbaute. Sein erster Schritt über den Rhein nach Deutschland erfolgte 2014 mit der Übernahme der Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler in Frankfurt. Ein Jahr später folgte die Übernahme des Düsseldorfer Fondsanbieters Meriten Investment Management. Damit hatte Oddo einen Fuß in der Tür zum deutschen Markt. Sein Meisterstück hierzulande machte der Franzose 2016. Nach zähem Bietergefecht mit der chinesischen Fosun- Gruppe setzte Oddo sich durch und übernahm die traditionsreiche, etwas angestaubte und defizitäre, aber noch immer renommierte Frankfurter BHF Bank.

Mittelstand und reiche Kunden 

Nun war der Weg frei, seine Vision einer länderübergreifenden, zunächst deutsch-französischen Bank umzusetzen. Dazu musste er die verschiedenen Häuser und Aktivitäten koordinieren und zum Teil verschmelzen. Mit der BHF Bank gewann Oddo Zugang zu einer Reihe vermögender Privatkunden auch aus Deutschland und verstärkt zum deutschen Mittelstand. Doch scheint der Franzose mit seinen Expansionsplänen noch nicht am Ende angelangt zu sein. Erst in dieser Woche erweiterte er sein Bankenimperium durch die Übernahme von Landolt & Cie, der im Jahr 1780 gegründeten, ältesten Bank der französischsprachigen Schweiz mit Sitz in Lausanne und Genf.

Früh in Kontakt mit Deutschland 

Nach Deutschland führte Oddos persönlicher Weg schon in jungen Jahren. Noch als Schüler verbrachte er einige Monate in einem Internat am Niederrhein bei Kleve. Später studierte er an der Universität zu Köln. Über seine Zeit als Student in der lebensbejahenden Stadt am Rhein sagt der Franzose mit einem Augenzwinkern: Er habe damals wenig studiert, aber viel gelernt. Oddo spricht sehr gut Deutsch und wechselt nur sehr selten ins Französische oder Englische, wenn es wirklich auf Nuancen ankommt. Als Chef einer bis vor wenigen Tagen noch deutsch-französischen Bank verbrachte er drei Tage in der Woche in Frankfurt. Künftig wird wohl auch die Schweiz häufiger zu einem seiner Reiseziele. Wir sprachen mit Philippe Oddo nach dem ODDO BHF Forum, das Anfang Januar zum 24. Mal stattfand und mittlerweile als eine der wichtigsten Konferenzen für kleinere und mittlere Unternehmen in Europa gilt. Aufgrund der Pandemie fand es in diesem Jahr nicht wie sonst zuvor im französischen Lyon statt, sondern wurde als reine Onlineveranstaltung durchgeführt.

€URO AM SONNTAG: Herr Oddo, Sie haben gerade das 24. ODDO BHF Forum veranstaltet. Welche übergeordneten Fragen wurden dort thematisiert?

PHILIPPE ODDO: Unsere Veranstaltung fand in diesem Jahr unter dem Eindruck gleich mehrerer Ereignisse statt, die jedes für sich den Austausch gerechtfertigt hätte: zum Beispiel den schwierigen Wechsel an der politischen Spitze der USA oder den holprigen Roll-out der Corona- Impfungen in der EU, um nur die zwei wichtigsten zu nennen. Der Informationsbedarf zu diesen Themen war zu Jahresbeginn also enorm und hat die Gespräche geprägt.

Welche wesentlichen Anregungen, Informationen oder Botschaften nehmen Sie von dort mit?

Lassen Sie mich mit den Corona-Impfungen und den Mutationen des Virus beginnen. Stéphane Bancel und Franz- Werner Haas, die CEOs von Moderna und Curevac, sind zuversichtlich, dass ihre Impfstoffe schnell auf die Corona-Mutationen einstellbar sind. Sie betonten jedoch auch, es sei noch unklar, ob die Verbreitung der ansteckenderen Variante wirkungsvoll unterbunden werden kann. Dieser Nachweis sei zwar noch nicht erbracht. Dennoch — aus meiner Sicht sind das ermutigende Zeichen, auch für die Erholung der Wirtschaft. Zum Thema USA unter der neuen demokratischen Regierung: Der ehemalige US-Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore hat uns zwar Hoffnungen gemacht, dass die Vereinigten Staaten nun in der Klimapolitik einlenken würden, aber er hat auch davor gewarnt zu glauben, dass die Rivalität mit China nachlassen werde. Er hat unmissverständlich deutlich gemacht, was die USA von Europa erwarten: sich zum Bündnispartner jenseits des Atlantiks zu bekennen. 

 

download.jpg

Zum PDF-Artikel