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Von TINA zu TAPAS: Es gibt wieder Alternativen

Marktanalyse 14.03.2023

Blick auf die Finanzmärkte

März 2023

 

Prof. Dr. Jan Viebig, Global Co-CIO ODDO BHF

 

Die Aktienmärkte zeigten sich im bisherigen Jahresverlauf von ihrer freundlichen Seite. Das gilt besonders für die europäischen Märkte, die gemessen am Euro STOXX auf einen Gesamtertrag von rund 13 Prozent seit Jahresbeginn kommen. Das gilt aber auch für die US-Märkte. Der S&P500-Index kommt seit Jahresbeginn auf einen Gesamtertrag von rund 3,5 Prozent, der technologielastige Nasdaq Composite-Index sogar auf 10 Prozent. Die gute Aktienperformance Anfang des Jahres ist auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen: Gegen Ende des Jahres 2022 begann sich die Versorgungslage an den Energiemärkten zu entspannen. Die Energiepreise bildeten sich zurück. Das Szenario einer schweren Krise in Europa rückte somit in den Hintergrund. Die sinkenden Energiepreise haben zudem die Hoffnung auf ein Ende des Angebotsschocks beflügelt. Mit dem Ende der Null-Covid-Strategie und dem Übergang zu einer expansiveren Finanz- und Geldpolitik erschien zudem eine Belebung des Wirtschaftswachstums in China zunehmend wahrscheinlich. Nach der enttäuschenden Entwicklung des Jahres 2022, als das Wachstum des chinesischen realen Bruttoinlandsprodukts nur 3,0 Prozent erreichte, strebt Peking für das Jahr 2023 nunmehr ein Wachstum von „etwa 5,0 Prozent“ an. 

Allerdings unterschätzten die Marktteilnehmer die Hartnäckigkeit der Inflation. Der massive Inflationsschub während des letzten Jahres und die stark gestiegenen Produzentenpreise tragen zu umfangreichen Anpassungen im gesamtwirtschaftlichen Preisgefüge bei. Die Löhne in den USA steigen. Und in Europa – insbesondere in Deutschland – verlangen die Gewerkschaften hohe Lohnsteigerungen. Angesichts der stark gestiegenen Produzentenpreise und des zunehmenden Lohndrucks verbreitert sich der Preisauftrieb. Die CPI-Kerninflation in den USA liegt weiterhin mit 5,6 Prozent deutlich über dem Inflationsziel der Federal Reserve von 2 Prozent. Im Euroraum zeigt die Entwicklung der Kernrate bis zuletzt weiter nach oben. Die Kerninflation in Europa ist im Februar 2023 nach Schätzungen von Eurostat nun ebenfalls auf 5,6 Prozent gestiegen. Gerade Preise für Dienstleistungen und Nahrungsmittel (nicht in der Kernrate enthalten) tragen verstärkt zur Inflation in Europa bei. 

Damit mussten die Anleger auch ihre Erwartungen zur Zinspolitik revidieren. Angesichts der jüngsten Entwicklungen dürften die Notenbanken ein deutlich höheres Zinsniveau ansteuern als zuvor erwartet, Hoffnungen auf eine baldige Kehrtwende der Geldpolitik könnten verfrüht sein. EZB-Präsidentin Lagarde hat kürzlich die Absicht einer Leitzinsanhebung um 50 Basispunkte im März bekräftigt und weitere Anhebungen in Aussicht gestellt. Der österreichische Notenbankpräsident Holzmann sprach gar von vier weiteren Schritten von jeweils 50 Basispunkten. 

Wir erwarten, dass der EZB-Rat die Leitzinsen am 16. März 2023 wie bereits angekündigt um 50 Basispunkte anheben wird. Aktuell sieht der Geldmarkt einen Anstieg des EZB-Einlagensatzes bis zum dritten Quartal 2023 auf etwa 4 Prozent voraus. 
Anfang Februar hatte die US-Notenbank das Zinserhöhungstempo zunächst vermindert. Die Fed beschränkte sich auf eine Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte. Die hohe Kerninflation und die festen Arbeitsmarktdaten trugen dann allerdings dazu bei, dass die Notenbank zurückrudern musste. Bei seiner Anhörung vor dem Bankenausschuss des Senats zeigte sich Fed-Chef Powell unzufrieden mit dem Umfang der Inflationsverlangsamung und deutete die Möglichkeit an, das Zinserhöhungstempo wieder zu verschärfen: „Die stärkeren Wirtschaftsdaten legen den Schluss nahe, dass das „finale“ Leitzinsniveau höher liegen könnte als bisher erwartet.“ (“…the latest economic data have come in stronger than expected, which suggests that the ultimate level of interest rates is likely to be higher than previously anticipated.”).  

Viele Jahre lang galt für Anleger TINA. Die Abkürzung, die für „There Is No Alternative“ steht, wurde unter den Marktteilnehmern zu einem geflügelten Wort. Gemeint war, dass Anleger in einem Umfeld von sehr niedrigen oder negativen Zinsen nur mit Aktienanlagen eine nennenswerte Rendite generieren konnten. Die lange Niedrigzinsphase gehört der Vergangenheit an. Mit dem Anziehen der Anleiherenditen stellt sich Anlegerinnen und Anlegern nun erstmals seit vielen Jahren wieder die Frage nach der Wahl der Assetklasse. Kreative Analysten haben bereits ein neues Akronym geschaffen: TAPAS. Das Kürzel steht nicht für spanische Leckereien, sondern signalisiert, dass es in einem Umfeld gestiegener Zinsen wieder Alternativen zu Aktien gibt. TAPAS steht für „There Are Plenty of Alternatives“

Und in der Tat, die Graphik oben zeigt, dass die Renditen amerikanischer und deutscher Staatsanleihen in den letzten Monaten deutlich angestiegen sind. Für 10-jährige US-Staatsanleihen erhalten Anlegerinnen und Anleger derzeit eine Rendite von rund 4 Prozent und für 2-jährige US-Staatsanleihen sogar über 5 Prozent. Anleihen des Bundes mit zweijähriger Restlaufzeit rentieren aktuell mit etwa 3,3 Prozent, fast 80 Basispunkte über dem Niveau von Anfang Februar. Zehnjährige Titel des Bundes weisen eine Rendite von etwa 2,7 Prozent aus. Die Inversion der Zinsstrukturkurve ist damit wieder sehr deutlich ausgeprägt. Noch attraktiver als Staatsanleihen erscheinen uns Unternehmensanleihen, da nicht nur der vermeintlich risikolose Zinssatz, sondern auch die Risikoprämien von Unternehmensanleihen wieder deutlich höher sind als in den bereits wieder fast vergessenen Zeiten der Negativzinsen. Im jetzigen Zinsumfeld gibt es erstmals seit vielen Jahren wieder attraktive Alternativen zu Aktien.

 

 

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