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Zuckerrausch
MARKTANSICHTEN
22. Februar 2021
CIO Private Wealth Management
CIO Asset Managment
Die US-Wirtschaft erlebt gerade einen "Zuckerrausch". Trotz Skepsis in der Wissenschaft hält sich der Glaube, dass der Verzehr von Süßigkeiten zu kurzzeitiger Hyperaktivität führt. Ein Phänomen, das oft als "Zuckerrausch" bezeichnet wird. Einige Ökonomen haben mit diesem Ausdruck zuletzt die Wirtschaftslage in den Vereinigten Staaten beschrieben, wo für die kommenden Monate kurzfristige Hyperaktivität erwartet werden kann. Die Haupttreiber dafür sind das Biden-Konjunkturprogramm in Höhe von 1,9 Billionen USD und die durch die Corona-Krise erzwungenen Einsparungen (1,85 Billionen USD), die in die Wirtschaft zurückfließen werden, sobald diese wieder in Gang kommt. Auch in Europa wird sich das Wirtschaftswachstum beschleunigen, wenn auch langsamer, da die erfolgreichere Impfkampagne in den USA eine frühere Wiedereröffnung der Wirtschaft ermöglicht als in Europa. Kürzlich hat die FED ihre Projektionen erhöht und geht nun davon aus, dass das reale BIP der USA 2021 um 6,5 % wachsen wird (Projektion vom Dezember 2020: 4,2 %), 2022 um 3,3 % und 2023 um 2,2 %.
In Kundengesprächen werden wir gefragt, wie sich die Inflation in diesem Szenario entwickeln könnte. Wir erwarten, dass die Inflation in den USA im Jahr 2021 stark ansteigt, im Jahr 2022 und darüber hinaus aber sinkt (siehe Abbildung 1). Es handelt sich eben nur um einen kurzfristigen „Zuckerrausch“. Als Folge der höheren Inflation wird die Renditekurve steiler. Wir haben unsere Renditeerwartungen für 10-jährige US-Staatsanleihen von 1,8 % auf 2,0 % Ende 2021 erhöht.
Das Risiko für diese Prognosen liegt eindeutig am oberen Rand, da sowohl die EZB als auch die FED im März 2021 angekündigt haben, ihre expansive Geldpolitik fortzusetzen. Die EZB erklärte am 11. März, das Tempo beim Ankauf von Wertpapieren deutlich zu erhöhen. Und die FED gab am 17. März bekannt, dass sie ihre Wertpapierbestände trotz verbesserter Wachstumsaussichten und sinkender Arbeitslosenquoten weiterhin um 120 Mrd. USD pro Monat aufstocken wird. Der Konsens unter den (meisten) Politikern ist, dass es besser ist, zu viel zu tun als zu wenig, eine Lektion aus der globalen Finanzkrise 2008. Der Ökonom und ehemalige US-Finanzminister Larry Summers erwartet, dass die Wirtschaft aufgrund der expansiven Geld- und Fiskalpolitik möglicherweise überhitzen und die Inflation auf ein seit einer Generation nicht mehr gesehenes Niveau ansteigen könnte. Dies ist zwar nicht unser Hauptszenario, aber das Risiko für das reale BIP-Wachstum, die Inflation und die Zinssätze liegt eindeutig am oberen und nicht am unteren Rand.
Diese Prognosen wirken sich folgendermaßen auf unsere Anlagestrategie aus:- Vermeiden sollten Sie so genannte Hyper-Growth-Aktien, also bereits sehr hoch bewertete Wachstumsaktien, die weiterhin unter steigenden Renditen leiden dürften. Bei Hyper-Growth-Aktien ist Perfektion eingepreist weshalb sie deutlich fallen werden, wenn die Renditen weiter steigen. Unserer Meinung nach ist das Hauptrisiko bei Hyper-Growth-Aktien allerdings nicht der Renditeanstieg, sondern das hohe Bewertungsniveau.
- Durationsrisiken1) einzugehen wird sich möglicherweise nicht auszahlen. Unter den Anleihen bevorzugen wir Hochzinsanleihen, die am ehesten von der oben beschriebenen makroökonomischen Entwicklung profitieren werden.
- Wir bevorzugen immer noch zyklische gegenüber defensiven Werten. Dieser Trend wird jedoch bald zu Ende gehen. Daher beschäftigen wir uns intern damit, wann es an der Zeit ist, auf defensive Konsumwerte mit starken Marken zu setzen, die von Anlegern vernachlässigt werden, die sich auf Wachstum konzentrieren. Wir bevorzugen einen antizyklischen Anlagestil. Wenn es um Marktentwicklungen geht ist man besser zu früh als zu spät.
- Unter den Finanzwerten favorisieren wir Versicherungsunternehmen mit steigenden freien Cashflows aus dem operativen Geschäft.
- Schwellenländer können leiden, wenn Anleger - angelockt durch höhere Zinsen - Kapital zurück in die USA allokieren. Erhebliche Risiken sehen wir in China, wo die Aktienmärkte nicht mehr billig sind und das Wachstum - anders als in den Industrieländern – vermutlich bereits seinen Höhepunkt erreicht hat.
1) Das Durationsrisiko beschreibt das Risiko von Kursverlusten bei Anleihen durch Zinsanstiege
2) Quelle: Refinitiv Datastream, Stand: 15.03.2021; 1j. Terminkontrakte: Terminkontrakte mit einjähriger Laufzeit (Beispiel: 3J1J = Terminkontrakt beginnend in drei Jahren mit einer Laufzeit von einem Jahr)