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Ist der Markt bereits geimpft?
MONTHLY INVESTMENT BRIEF
NOVEMBER 2020
Laurent Denize,
GLOBAL CO-CIO &
GLOBAL HEAD OF FIXED INCOME
Trotzdem ist es unserer Überzeugung nach (noch) nicht an der Zeit, auf eine reine “Growth-zu-Value”-Rotation zu setzen.
Die Meldung von Pfizer über positive Zwischenergebnisse aus der klinischen Studie des Corona-Impfstoffs des Unternehmens hat die Finanzmärkte substanziell beeinflusst. Pfizer entwickelt den Impfstoff in Zusammenarbeit mit dem deutschen Biotech-Unternehmen BioNTech SE und gab Vorabergebnisse bekannt, die darauf hindeuten, dass der Impfstoff zu mehr als 90% effektiv sein könnte. Der US-Pharmariese kündigte außerdem an, sobald mehr Daten zur Sicherheit vorlägen, noch im November eine Notzulassung für den Zwei-Stufen-Impfstoff durch die FDA zu beantragen. Pfizer geht davon aus, bis zum Jahresende genügend Impfstoff für die Immunisierung von 15 bis 20 Mio. Menschen produzieren zu können.
US-Aktien erreichten in der Folge ein Rekordhoch, der Preis für WTI Rohöl stieg um 7% und die 10-Jahres-Rendite für US-Staatsanleihen erreichte 0.9%. Zusätzlich ließ die Hoffnung auf eine Öffnung der Wirtschaft Aktien, die dieses Jahr abgestraft wurden, signifikant outperformen.
Der divergierende Einfluss der Pandemie auf den Aktienmarkt zeigt sich klar in der relativen Performance diskontierter Aktien (“Value”-Typ), im Vergleich zu wachstumsorientierten Aktien (“Growth”-Typ). Erstere reagieren generell empfindlicher auf die Wirtschaft, während letztere stark auf Technologie-Werte konzentriert sind, die vom Boom im Online- Handel, dem Home-Office-Trend, und vor allem den fallenden Zinsen profitieren.
Bedeutet die Ankündigung durch Pfizer einen Wendepunkt für die relative Performance diskontierter Aktien? Ein “Ja” wäre verlockend, doch im Moment herrscht noch zu viel Unsicherheit bezüglich des Impfstoffs und seiner Effektivität. Zum einen muss der Impfstoff unter Extrembedingungen gelagert werden, wodurch es zu großen Logistikproblemen kommen könnte. Auch muss ein “Wunderimpfstoff” sowohl effektiv als auch sicher sein, und Pfizer betont bisher vor allem den ersten Punkt. Im Verlauf dieses Monats sollten Investoren mehr über die Sicherheit des Impfstoffs erfahren.
Grundsätzlich bedeutet die gestrige Nachricht einen wichtigen Schritt zur Beendigung der Pandemie. Auf dieses Signal haben wir gewartet, um uns bei zyklischen Aktien neu zu positionieren. Daher rotieren wir unsere Portfolios allmählich hin zu bewährten zyklischen Aktien, um unsere reine Growth-Position zu diversifizieren. Ebenso nehmen wir bei den teuersten Titeln im Aktienmarkt Gewinne mit (bei bestimmten Stayat- Home-Tech-Aktien erscheinen uns sehr hohe Multiples in einem Normalisierungsprozess nicht angemessen).
Trotzdem ist es unserer Überzeugung nach (noch) nicht an der Zeit, auf eine reine “Growth-zu-Value”-Rotation zu setzen. Manche Value-Sektoren sind aus gutem Grund günstig, störende Einflüsse oder Regulierungen spielen hier eine Rolle. Mehr noch, selbst im Fall einer massiven Rückkehr zu vorherigen Bewertungen, wäre dies eher kurzlebig, solange sich das potenzielle Wirtschaftswachstum nicht dramatisch beschleunigt. Ein zweites Signal wäre die Verabschiedung von Konjunkturprogrammen in den USA und Europa, verbunden mit einer weiterhin sehr lockeren Geldpolitik. Dieser Moment wird kommen, doch braucht es Geduld. Man muss in seiner Anlagepolitik die Bestätigung durch das Signal abwarten. Wie Sie alle wissen, ist Timing ein kritischer Faktor.
Wir erhöhen daher das Risiko auf 3 Achsen:
1. Wir diversifizieren das Portfolio ein wenig, in dem wir die Sektor-Rotation in hochqualitative zyklische Aktien vorantreiben.
2. Im Credit-Bereich erhöhen wir unsere Position in European High Yield, zu Gunsten eines attraktiven Risiko/Ertragsprofils, das von Zinsen weitgehend unabhängig ist
3. Wir erhöhen unsere Positionierung in den Emerging Markets.
Für Investoren die hohe Volatilität abpuffern können, ist ein kurzfristiges Engagement in Banken sinnvoll. Die sehr niedrige Bewertung, die relativ guten Quartals-Ergebnisse und die Aussicht auf eine flexiblere Regelung zur Ausschüttung von Dividenden sprechen für den Finanzsektor. Dieses taktische Investment erfordert allerdings Disziplin, Gewinne auch schnell mitzunehmen und ein Limit für Verluste einzuhalten.