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Eine Rezession ist unvermeidlich, aber die Politik tut alles, um den Schaden zu begrenzen: ist jetzt die Zeit zu kaufen?
MARKET FLASH
15 märz 2020
Die weltweiten Wirtschaftsaussichten haben sich in den letzten Wochen deutlich eingetrübt. Auch wenn sich das Coronavirus in China mittlerweile langsamer ausbreitet, ist die wirtschaftliche Aktivität dort noch stärker eingebrochen als erwartet (Einkaufsmanagerindex bei 35,7). Zudem ist das Virus nun auch außerhalb Chinas auf dem Vormarsch. Dies gilt insbesondere für Teile Asiens sowie für Europa und hier vor allem für Norditalien. Auch die USA dürften nicht verschont bleiben.
Zwar waren bei den Konjunkturindikatoren zuletzt Zeichen für eine Erholung zu erkennen. Allerdings war die Lage angesichts der Unsicherheit bezüglich der Handelsbeziehungen und des schwächelnden verarbeitenden Sektor nur schwer einschätzen. Vor diesem Hintergrund dürften Störungen in den Lieferketten unweigerlich die Wachstumsaussichten beeinträchtigen.
Die Aussichten für die Weltwirtschaft haben sich in den vergangenen Tagen dramatisch verändert. Ausschlaggebend dafür ist die Ankündigung einer vollständigen oder teilweisen Quarantäne der Bevölkerung durch die Regierungen Europas und der Vereinigten Staaten. Möglicherweise werden die Maßnahmen in den kommenden Tagen noch weiter verschärft. Reiseverbote, Schul- und Betriebsschließungen sollen soziale Distanz schaffen – die einzige Möglichkeit, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Die unmittelbare Folge ist ein erheblicher Rückgang des Arbeitsvolumens und der Arbeitsproduktivität, mit anderen Worten eine Rezession. Während die Maßnahmen andauern, werden die wirtschaftlichen Kosten steigen; aber die Gesundheit hat natürlich Vorrang vor wirtschaftlichen Zielen.
Unter den gegenwärtigen Umständen ist jede Prognose der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ein „work in progress“, das mit Blick auf die Märkte und die Entscheidungen der Politik ständig angepasst werden muss.
Einige Dinge können als selbstverständlich gelten. Erstens handelt es sich um eine globale Krise und nicht um eine lokale, wie bei anderen Ausbrüchen der vergangenen Zeit (SARS, Ebola). Zweitens wird diese Krise die Globalisierung zumindest vorübergehend aufheben. Weltweite Wertschöpfungsketten und der Reiseverkehr sind gestört, die globale Fabrik China musste für mehrere Wochen ihre Tore schließen. Kaskadeneffekte erfassen ein Land nach dem anderen. Schließlich sollten wir nicht von einem gewöhnlichen Wirtschafts- oder Finanzschock sprechen, sondern von einem „schwarzen Schwan“ – also von einem nahezu unvorhersehbaren Ereignis mit weitreichenden Folgen. Und da Menschenleben auf dem Spiel stehen, hat diese Krise ein hohes Potenzial für Panik, Paranoia und Überreaktionen.
Was wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht wissen, ist die Dauer der wirtschaftlichen Zäsur. Soziale Distanzierung kann die Epidemie eindämmen, aber erst nach einigen Wochen. China hat diese Maßnahmen Ende Januar ergriffen, Europa erst Mitte März. Sicherlich, die Rückkehr zum normalen Leben wird von einer starken Erholung der Wirtschaftstätigkeit begleitet werden, aber niemand kann das genaue Datum nennen. Im besten Fall wird das nicht vor dem späten Frühjahr sein.
Drei Arten von Informationen können die Stimmung der Anleger kurzfristig beeinflussen.
Erstens: Nachrichten, die sich auf die Epidemie selbst beziehen. Die Experten sind sich einig, dass der Höhepunkt der Krise noch lange nicht erreicht ist. Kurzfristig werden sich die Schlagzeilen auf den Anstieg der Zahl der Infizierten und die Todesfälle konzentrieren; kurz gesagt, auf schlechte Nachrichten, die die Panik verstärken können.
Zweitens: Daten über die Realwirtschaft. Das Geschäftsklima und die Vertrauensindizes der Haushalte verschlechtern sich gegenwärtig. Da sich ganze Länder in Quarantäne befinden, besteht die Gefahr, dass Konkurse und Arbeitslosigkeit zunehmen. Die kommenden Monate werden für eine Reihe unschöner Daten sorgen. Eine Rezession zu erwarten, ist das eine, ihr Ausmaß und ihre Dauer zu messen, etwas ganz anderes.
Drittens: die wirtschaftspolitische Reaktion. In diesem Punkt kann man von den jüngsten Entscheidungen der Zentralbanken und Finanzbehörden nur beeindruckt sein. Sowohl die Fed als auch die EZB haben deutlich gemacht, dass sie bereit sind, uneingeschränkt zu intervenieren, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Kapitalmärkte und des Bankensektors zu gewährleisten. Ein durchschlagender Bankrott wie den von Lehman Brothers im September 2008 soll nicht zugelassen werden. Dieses Mal beobachten wir massive Liquiditätsspritzen, eine Zunahme der Käufe von Vermögenswerten und eine Lockerung der Vorschriften für Banken. Insgesamt ist der Bankensektor besser kapitalisiert und besser beaufsichtigt als 2008. Die Finanzbehörden sind bereit, die Kosten für die wirtschaftlichen Störungen mit Kreditgarantien, einem Moratorium für Steuern etc. zu decken. Im Notfall gibt es keine Begrenzung der öffentlichen Defizite. Sowohl die deutsche Bundeskanzlerin als auch der französische Präsident haben sich in diesem Punkt sehr klar ausgedrückt. In dem Maße, wie die EZB extrem niedrige Zinssätze anbietet, wird die Refinanzierung der Staatsschulden selbst in bereits hoch verschuldeten Ländern kein Problem darstellen. Die Reaktion der Politik ist entschieden und konsequent, um die Panik an den Märkten zu stoppen.
Alles in allem wird der wirtschaftliche Schock sicherlich schwerwiegend sein, aber es gibt immer noch gute Gründe für die Annahme, dass er vorübergehend sein wird. Unserer Ansicht nach ist die gegenwärtige Situation keine Wiederholung der Krise von 2008.
Market update
Wenn Sie in risikoreiche Anlagen investiert waren, ist es zu spät für einen Verkauf. Die Gewalt und das Ausmaß der Korrektur schließen eine deutliche Entlastung mittlerweile aus.
Was haben wir getan?
1. Wir hatten das Aktienengagement für die defensivsten Portfolios (z.B. Polaris Moderate von 30% auf 20% in Aktien) mit dem Ziel der Kapitalerhaltung reduziert. Für die aktienlastigen Portfolios (50%+ Aktien) hatten wir, da der Anlagehorizont länger und die Fähigkeit, eine höhere Volatilität zu akzeptieren, größer ist, entweder taktisch die Gewichtung der Aktien leicht reduziert oder die Sensitivität der Portfolios durch die Bevorzugung von Unternehmen, die der Krise am besten standhalten können, modifiziert. Auf diese Weise haben wir die zyklischsten Unternehmen und die dem Virus am stärksten ausgesetzten Unternehmen (Reisen, Freizeit usw.) reduziert.
2. Auf der Kreditseite verkaufte das Asset Management Anfang Februar in Erwartung einer möglichen Kreditklemme High Yield-Positionen. Das Asset Management hat die Duration der Portfolios erhöht, indem Anleihen mit Investment-Grade-Rating bevorzugt wurden, da wir der Ansicht waren, dass die Unterstützung der Zentralbanken und die wahrscheinlich begrenzte Dauer der Krise es ermöglichen würden, die Schocks der anderen Vermögenswerte aufzufangen.
3. Auf der Währungsseite hat das Asset Management 75% der Dollar-Positionen geschlossen, wobei wir die Tatsache berücksichtigten, dass die FED den größten Handlungsspielraum hatte (Zinssenkungen und Liquiditätsspritzen).
Was sollten wir heute tun?
1. Wir bleiben im ODDO BHF TRUST leicht untergewichtet, beginnen aber, einen Teil der Untergewichtung zurückzukaufen. Es werden nur Unternehmen von hoher Qualität selektiert, die eine gute Sichtbarkeit ihrer Cashflows und starke Bilanzen bieten. Die Aussichten auf eine Ansteckung mit dem Virus lassen noch keine aggressivere Positionierung zu. Die Nachrichten werden in den kommenden Wochen weiterhin besorgniserregend sein, unabhängig vom Verhalten der Zentralbanken oder Regierungen. Kein Rückkauf von HY-Anleihen zum jetzigen Zeitpunkt, zumal der Rückgang des Preises für ein Barrel Öl das Risiko eines Bankrotts der US-Schiefergasproduzenten erhöht, die 13% der Indizes ausmachen und das Segment belasten. Niedrigere Zinssätze aufgrund der ausgeprägten Illiquidität, Rückkehr zu einer neutralen Duration entsprechend dem Anlagehorizont. Beispiel 3 Jahre auf moderatem Niveau.
2. Wenn die Aktienmärkte weiterhin um etwa -10% gegenüber dem Schlusskurs vom Freitag abweichen, kehren wir zu einer neutralen Positionierung zurück. Die bevorzugten Sektoren hängen von den von den Behörden getroffenen Maßnahmen und den erwarteten Auswirkungen auf das Wachstum ab. Je nach den Spread-Niveaus werden wir auch versuchen, zum Hochzinsniveau zurückzukehren.
3. Wenn der Aktienmarkt im Vergleich zu den Niveaus vom Freitag um 20% fällt, werden wir mit einer langfristigen Anlageperspektive in den Kaufmodus mit einer signifikanten Positionierung auf die am meisten diskontierten Anlageklassen wechseln. Die extremen und beispiellosen Bedingungen, mit denen wir aktuell umgehen müssen, zwingen uns zur Vorsicht, sollten uns aber nicht dazu veranlassen, das Wesen unseres Geschäfts zu vergessen: langfristig Anlagemöglichkeiten zu erkennen, um unseren Kunden eine Wertschöpfung zu bieten.
Wir werden sicherstellen, dass wir regelmäßig über den Zustand unserer Portfolios sowie über unser Verständnis der Märkte kommunizieren.
Bruno Cavalier
Chief Economist ODDO BHF | Laurent Denize
Global co-CIO ODDO BHF Asset Management | Jan Viebig
CIO ODDO BHF TRUST |